100 Jahre Wasserleitung in Unterkrumbach

Fundgeschichte:
Es handelt sich bei diesem Einzelfund um ein vollständiges und unbeschädigtes
Bronzeschwert. Das einmalige Prachtstück verdient es, dass hier seine
Fund- und Einhohlungsgeschichte in allen Einzelheiten angeführt wird.

1 April 1912:
Beim Wasserleitungsbau für Unterkrumbach wird das Schwert von dem
Arbeiter Wild von Asperstshofen gefunden. Schlossermeister Häffner von
Hersbruck „nimmt es in Verwahrung“.
1.April 1912:
K.Schramm, Hersbruck, schickt noch am Abend ein Telegramm an den Hausmeister
des Luitpoldhauses mit folgender lakonischer Aufforderung:
„ Hörmann dringend Mittwoch (3.4.) früh erwartet sonst geht großer broncefund
verloren“.
3.April 1912:
Hörmann kommt nach Herbruck. Das Schwert und der Kaufpreis von 100 Mark werden
vom Bezirksamt sichergestellt. Bericht Hörmann an das
Landesamt in Würzburg.
 

 

Bild von der Ausgrabung am Saugarten

16.April 1912:
Bericht Hörmann:“ Grabung an der Fundstelle des Schwertes, Quelle hinter
dem kleinen Hansgörgel ( am Nordhang) Waldrevier Säugarten. Das Schwert
wurde vor vierzehn Tagen gefunden hinter einem größeren Stein, in waagrechter Lage,
beiläufig 30 cm über dem Lettenboden, dem Ornatenton, 20 cm
unter der Oberfläche, an der Stelle, wo die zwei Hauptäste der Quelle sich
vereinigen. Nach Ausbau der Wasserleitung liegt die Fundstelle an der
Nordseite des Wasserkanals. Nach Reinigung des Platzes kamen Steine zum
Vorschein, unregelmäßig gelegt, doch absichtlich zusammengesetzt. Die Steine lagen
im Waldboden, Humus, über der Lettenschicht; sie waren von ganz
unregelmäßiger Gestalt, Weißjurakalk, schalenförmige Platten bis 30cm Länge,
unregelmäßige Knollen 15-20cm, kleine Kugeln. Sämtliche Steine waren
unbehauen, drei unregelmäßige Reihen übereinander. Zwischen den Steinen
häufig schwarzes, wie Kohle aussehendes, aber lediglich vermodertes Geäst,
aber auch gute Holzkohle in großen, einzelnen Stücken, einige ganz an der
Lagerstatt des Schwertes.
Der Steinhaufen war vor Auffindung des Schwertes größer; der Teil nördlich
von dem Schwert war wegen der Bauarbeiten abgetragen worden; den
umliegenden Steinen nach war es nicht viel mehr gewesen.

Vermutung: Das Schwert lag inmitten einer Steinsetzung, die absichtlich
gemacht war. Es ist nicht zufällig verloren, sondern absichtlich und sorgfältig
hinterlegt worden. Jedenfalls lag es über einer Kohleschicht, die längst
und zum größten Teil durch das darüberfließende Wasser weggespült war.
Dazu schreibt Hörmann in einem Nachtrag: „Beim Eindecken der Wasser-
leitung fanden sich an gleicher Stelle im Abraum „große Zähne“ und ein
Bronzestück (das Ortband zum Schwert); Ortsführer Israel versichert, dass sie
in dem Teil des Erd- und Steinhaufens gelegen hätten, der schon vor Auf-
findung des Schwertes abgetragen worden war. In diesem Teil des Stein-
haufens müsse noch mehr Kohle gewesen sein, weil davon beim Eindecken
noch vielfach Reste angetroffen wurden.“

 

 

4.Mai 1912:
Protokoll des königlichen Bezirksamtes Hersbruck, also lautend: „Es erschienen
heute auf der Ladung:
  1. der Ortsführer von Unterkrumbach Israel
  2. der Bauer Peter Löhner von Unterkrumbach
Mit ihnen wurde folgende Verhandlung gepflogen:
Der Ortsführer Israel erklärt, dass das Grundstück 611/12, auf dem das
Schwert gefunden wurde, zwar an die Ortsgemeinde für den Bau der Wasserleitung
von dem bisherigen Eigentümer Löhner veräußert, der Vertrag
aber noch nicht notariell verbrieft worden ist. Der Eigentümer Peter Löhner
erklärt nun, dass auf seine Rechte an dem Erlös des gefundenen Schwertes
zugunsten der Ortsgemeinde verzichte, wenn diese sich verpflichte, den auf
den Grundstückseigentümer treffenden Teil des Erlöses für die Verbesserung
  1. des öden Feldweges
  2. des Auweges
beide innerhalb der Ortsflur Unterkrumbach zu verwenden.
Der Ortsführer Israel sagt dies namens der Ortsgemeinde zu. Das k.
Bezirksamt schließt nun mit der Ortsgemeinde Unterkrumbach und Peter
Löhner in Namen der Naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg
folgenden Vertrag ab:
1. Das in Unterkrumbach gefundene Schwert wird von der Ortsgemeinde
Unterkrumbach an die Naturhistorische Gesellschaft zu Nürnberg um den
Preis von 100 M zu Eigentum übertragen.
2. Ortsführer Israel verpflichtet sich, mit dem Finder des Schwertes, dem
Arbeiter Wild in Aspertshofen, ins Benehmen zu treten, und diesen gegen
Verzicht auf alle Ansprüche aus dem Fund des Schwertes mit einem Teil
des Erlöses abzufinden.
3. Bauer Peter Löhner verzichtet auf jeden Anspruch an dem Erlös des
Schwertes zugunsten der Ortsgemeinde Unterkrumbach unter der
Bedingung, dass diese den ihr zufallenden Betrag des Erlöses zur
Verbesserung des öden Feldweges und des Auweges in Unterkrumbach
verwendet.
4. Ortsführer Israel erhält den von der Naturhistorischen Gesellschaft
angebotenen Kaufpreis von 100 M, welcher Betrag von k. Bezirksamt
verwahrt worden ist, gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt mit der
Auflage, mit dem Finder sich auseinanderzusetzen und vorbehaltlich der
Einigung mit dem Finder.

                       Zur Anerkennung und Bestätigung unterzeichen:
                                 Israel, Ortsführer
                                      Löhner
Hersbruck den 4. Mai 1912
                                                                 Königliches Bezirksamt:
                                                                     gez. Stammler

 

 

22. Mai 1912:
Hörmanns Notiz: „In Hersbruck gewesen und das für 100 M gekaufte
Schwert von Unterkrumbach geholt. Erfahren, dass noch ein kleinerer Fund
gemacht wurde, vermutlich das zugehörige Ortband und Tierzähne (s.o.).
Das Bezirksamt und die Ortsansässigen wünschen, dass nochmal an der
Stelle gegraben werde. Der Eigentümer, Ökonom Löhner, ist einverstanden.“

2. Juni 1912:
Weitere Notiz Hörmanns: „ Den Pferdezahn und das Bronzestück übergab mir
der Ortsführer bei meinem heutigen Besuch. Die Metallkomposition des
Schwertes und des Bronzestückes (Ortband) ist nach der Stichprobe
verschieden; das Schwert entspricht einer Mischung mit 10% Zinn, das
Bronzestück einer solchen mit 5%.“

6. Juni 1912:
Heute „fand unter Leitung von Frau Hofrat Dr. von Forster mit Lutz und
Schlossermeister Häffner die vom Kgl. Bezirksamt Hersbruck gewünschte
Nachgrabung an der Fundstelle des Schwertes statt. Es fand sich nichts.
Die in der Nähe befindliche Erhöhung, welche der Ortsführer Israel für einen
Grabhügel hielt, ergab sich als negatives Resultat.“
Ein ebenso amüsanter wie aufschlußreicher Fundbericht. Volle zwei Monate
hat es also gedauert, bis das Schwert und das zugehörige Ortband (der
untere Beschlag der ledernen Scheide) in sicheren Gewahrsam kamen. Dank
dem verständnisvollen Zusammenwirken aller Beteiligten. Denn wie leicht
hätte dieses kostbare Stück etwa im Altertumshandel untertauchen und
verloren gehen können, wie es mit dem für unsere Gegend wohl reichsten
Verwahrfund von Schafhof bei Nürnberg ein gutes Jahrzehnt vorher
geschah. 

 

Überblicken wir die Fundumstände, so drängt sich als entscheidende Frage
auf: Wie ist das Schwert in die Quelle gekommen? Wir können das Schwert
weder einem Grab noch einem Hort zuweisen; für beide fehlen uns die
Beweise. Dagegen sprich alles für, wir Hörmann es ausdrückt, eine
„absichtliche Hinterlegung“ des Schwertes in der Quelle: die Steinpackung
zum Aufstauen des Wassers, der Holzkohleuntergrund, die Art der Niederlage
wie das Ortband beweist, die , allerdings nicht ganz gesicherte, Beigabe
eines Teiles von einem Tier (Pferdeschädel?). Dies alles zusammenge-
nommen erscheint es gewiß nicht zu gewagt, bei dem Schwert von einer
Opfergabe, einem Quellopfer zu sprechen.
Das Schwert ist ein ausgezeichneter Vertreter des Möriger Typus. Es ist
87,5cm lang; davon treffen 12,8cm auf den Griff. Dieser ist dreifach
gegliedert. Die aufgenietete Knaufplatte ist kräftig gewölbt, das verdickte
Mittelstück des Griffes ist von zwei Rippen eingefaßt, die eleganten Niet-
schenkel haben drei Nieten, an denen deutlich Feilspuren zu erkennen sind.
Das Bemerkenswerteste am Griff ist die Verzierung desselben. Sie besteht
auf den beiden Seiten des Mittelstücks aus konzentrischen Kreisen, die um
eine kräftige Niete angelegt sind, auf der Knaufplatte aus ebensolchen
Kreisen, die links und rechts von einem Zickzackmuster eingefaßt sind. Alle
diese Muster sind mit Eisen eingelegt, das hier die Rolle eines Edelmetalls
eingenommen hat, wie z. B. das Silber bei den frühgeschichtlichen tauschierten
Gürtelschnallen. Das Eisen muß damals noch selten und kostbar gewesen
sein. Heute ist dasselbe natürlich unansehnlich und vom Rost verkrustet.
Einst muß sich aber das Muster hell und bläulich schimmernd von der
dunkleren, goldglänzenden Bronze auf dem blank polierten Griff abgehoben
haben.
Ebenso vorzüglich wie der Griff ist da lange Schwertblatt gearbeitet, das
schwach lorbeerrähnlich geschwungen ist. In der Mitte ist es 6mm stark,
die Schneiden sind sehr scharf, links und rechts des gewölbten Mittelgrates
laufen je zwei feine Rillen. Die Patina des Schwertes ist nicht grün, sie
nähert sich stark der braunen Moorpatina; das Stück ist ja 300 Jahre im
Wasser und im versumpften Gelände gelegen. Das Ortband ist eine leicht
konische, gerillte Düse, die unten mit einem Knopf geschlossen ist; es ist
gerade weit genug, um die Schwertspitze aufzunehmen. Das Ortband ist
recht bescheiden, es hebt sich dadurch deutlich von den großen prunkhaften
Stücken der Hallstattzeit ab, wie eines z. B. zu einem Eisenschwert aus
einem Grabhügel in der ganz nahe gelegenen Beckerslohe bei Oberkrum-
bach gehörte. (Festschr. der NHG 1901 Taf.19.)
Hier taucht die Frage auf, ob ein solches Prachtstück wie das Unterkrum-
bacher Schwert überhaupt als Waffe ( eher als Stich- denn als Hiebwaffe)
gedient hat. Vielleicht war es doch mehr ein Prunkstück, ein Abzeichen
einer Würde und einer Macht. Vielleicht deutet darauf auch die Größe des
Griffes hin, der für eine kräftige Männerhand fast zu klein geraten ist.
Das Schwert von Altensittenbach gehört der älteren Urnenfeldzeit an,
welche im Hersbrucker Land vor allem durch den großen Urnenfriedhof
von Altensittenbach belegt wird. (Vgl. Abh. NHG Bd. XXVIII, Heft 1 1956.)